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Stiftskirche Sankt Servatius
Auf dem Burgberg,
einem steilen Sandsteinfelsen, etwa 25 m über den
Dächern der Stadt Quedlinburg, erheben sich die
Türme der romanischen Stiftskirche St. Servatius.
Sie bilden zusammen mit den Wohngebäuden des
ehemaligen Frauenstiftes ein Bauensemble von großer
Bedeutung und seltenem architektonischem Reiz. Die
Quedlinburger Stiftskirche, hervorgegangen aus einer
Burgkapelle der Königspfalz Heinrichs I., wurde von
936 bis 1803 als Gotteshaus des Reichsunmittelbaren
Kaiserlichen Freiweltlichen Frauenstiftes genutzt.
Besonders häufig begingen die ottonischen Herrscher
das Osterfest an den Grabstätten ihrer Vorfahren.
Jahrhundertelang las man hier regelmäßig
Seelenmessen für sie.
Nach dem Tode des Schutzherren Kurfürst Georg von
Sachsen ließ Äbtissin Anna II. von Stolberg die
Reformation im Stift einführen. In der Kirche fanden
von nun an evangelische Gottesdienste statt. Als das
Stift durch den Reichsdeputationshauptschluß von
1802 aufgelöst wurde, fielen Schloß und Stiftskirche
an den preußischen Staat. Die letzte Äbtissin, eine
schwedische Prinzessin, kehrte nach Stockholm
zurück.
Während der Zeit der französischen Fremdherrschaft
(1808 - 1813), in der Quedlinburg zum Königreich
Westfalen gehörte, überließ König Jérôme die Kirche
der Stadt. Der Magistrat gab sie 1812 an die
Schloßgemeinde weiter, die bisher ihre Gottesdienste
in der Wipertikirche abgehalten hatte.
1854 wurde ein Vertrag mit dem preußischen König
abgeschlossen. Er hat bis heute Gültigkeit und
sichert der Gemeinde zu, die Kirche "wie ihr eigen"
zu nutzen.
Als 1936 die Nationalsozialisten in Heinrich I. den
Begründer ihres "Tausendjährigen Reiches"
"entdeckten", begann das dunkelste Kapitel in der
Geschichte der Kirche. Am 6. Februar 1938 zwang die
SS den damaligen Superintendenten Schmidt zur
Übergabe der Schlüssel. Der letzte Gottesdienst fand
Ostern 1938 statt. Danach begann die Umwandlung in
eine nationalsozialistische Weihestätte. Altar,
Kanzel und Gestühl ließ man entfernen. Der gotische
Chor wurde vermauert. Erst nach dem Ende des 2.
Weltkrieges konnte die Domgemeinde wieder in ihr
Gotteshaus einziehen.
Von Mai bis Oktober und an kirchlichen Festtagen wie
Weihnachten und Ostern finden jeden Sonntag
Gottesdienste statt. Die sommerlichen Konzerte und
Orgelmusiken erfreuen sich wachsender Beliebtheit.
Der Schatz von St. Servatius in
Quedlinburg gehört zu den ehrwürdigsten
Kirchenschätzen in Deutschland. Über 1000 Jahre
blieb er an seinem angestammten Ort erhalten.
Unmittelbar nach dem Ende des 2. Weltkriegs 1945
fand man einige der Kisten, in denen der Schatz
ausgelagert war, aufgebrochen: Zwölf kostbare
Gegenstände des Schatzes fehlten.
Erst 45 Jahre später führte eine Spur in die USA,
nach Whitewright/Texas. Von dort aus waren wertvolle
Kunstwerke zum Kauf angeboten worden, die sich als
Teile des Quedlinburger Schatzes erwiesen. So stieß
man auf die Erben des 1980 verstorbenen Joe Tom
Meador, der 1945 als Oberleutnant der US-Army in
Quedlinburg gewesen war. Nach einem langwierigen
außergerichtlichen Vergleich gelang im Frühjahr 1992
die Rückführung der wertvollen Kunstwerke. Über 50
erlesene und bewunderungswürdige Werke
mittelalterlicher Kunst gehören zum jetzt
wiedervereinten Quedlinburger Schatz. Aus Gold und
Silber. aus Elfenbein und Bergkristall gearbeitet,
rnit Edelsteinen reich verziert, zeugen sie von
seiner historischen Bedeutung und erweisen zugleich
seinen hohen künstlerischen Rang.
Der weltberühmte Domschatz, einer der erlesensten
und kostbarsten des Mittelalters, mit
Servatiusreliquar, Katarinenreliquar, Quelinburger
Itala, das Samuhel-Evangeliar und das
Otto-Adelheid-Evangeliar und vielem anderen ist seit
1992 wieder an seinem angestammten Platz. |